Am Freitagabend reiste ich das erste Mal zum HDI. Ich war etwas aufgeregt. Einerseits weil meine Freundin erst einen Tag später anreiste und andererseits weil ich erst seit kurzem Muslima bin. Ich wurde mit dem Türschild begrüßt: „Bitte klingeln“. An der Klingel stand dann: „Ups unsere Klingel geht nicht, mache dich einfach bemerkbar“. Also bin ich hineingegangen und habe jemanden gesucht. Kurze Zeit später sah ich einige Schwestern. Ich grüßte sie. Sie waren sehr nett und zeigten mir, wo die Zimmer sind. Schnell kamen wir ins Gespräch und die Ängste, dass man niemanden kennen würde, verpufften sehr schnell.
Die Einführung in das Wochenende gestaltete sich sehr angenehm. Die Atmosphäre kann positiv beschrieben werden. Es war eine Mischung aus Entspannung und Anspannung, wie das Wochenende wohl werden wird.
Nach der Kennlernrunde ging ich ins Bett und unterhielt mich noch sehr lange mit einer Schwester. Der Start in das Wochenende war absolut geglückt und ich war gespannt, was mich im Seminar erwarten wird.
Unser Morgen begann mit dem Morgengebet. Es war mein erstes Morgengebet mit einer so großen Gemeinschaft. Es war ein unbeschreibliches Gefühl so in den Tag zu starten. Nach einem sehr vielfältigen und sättigenden Frühstück begann das Seminar. Ich hatte etwas Angst vor einem reinen Vortrag, weil ich islamische Seminare bisher wenig interaktiv erlebt habe. Aber alhamdulillah war der Vortrag soweit interaktiv, dass man währenddessen Fragen stellen und seine Meinung sagen durfte. Darauf wurde auch eingegangen. Das machte das Lernen sehr angenehm. Der Referent hat seinen Vortrag gut strukturiert und es war durch seine lockere Art sehr angenehm, ihm zu folgen. Das Seminar ging bis spät abends. Gebets- und Essenspausen ließen es jedoch nicht so lange wirken. Die Gebete wurden am Tag draußen bei Sonnenschein verrichtet. Das war ein ganz besonderes Erlebnis. Das Essen war sehr lecker und vielfältig und Danke an Nadia, dass du für mich eine extra Portion vegetarisch gekocht hast.
Am nächsten Tag ging das Seminar bis mittags. Aus dem Seminar konnte man sehr viel lernen und auch als „neue Muslima“ konnte man dem Referenten gut folgen. Besonders gut hat mir die Arbeit mit den unterschiedlichen Tasfir gefallen. Es wurde einem erneut bewusst, dass man sich nicht auf eine Übersetzung verlassen sollte, sondern parallel mehrere lesen bzw. im besten Fall das Arabische lesen und verstehen sollte. Weiter wurde mir bewusst, dass sich im Quran niemals etwas wiederholt und kein einziges Wort „sinnlos“ offenbart wurde.
Als ich mich zu dem Seminar angemeldet habe, hatte ich die Hoffnung, dass ich die Geschichte von Adam im Ganzen präsentiert bekomme und sie von der mir bekannten biblischen Geschichte abgrenzen kann. Schnell wurde mir bewusst, dass wir nicht einfach nur eine „Geschichte“ behandeln werden. Im ersten Moment dachte ich, dass sich meine Hoffnungen nun nicht mehr erfüllen würden, weil wir jede Aya (Vers) im Quran genau studiert haben und sich am Ende keine eindeutige Geschichte ergab. Meine Hoffnung erfüllte sich jedoch. Denn ich lernte, dass in der Geschichte von Adam und sicherlich im ganzen Quran viele Sachen unklar sind, die die Geschichte wiederum sehr schön machen. Gerade das Uneindeutige macht es zu etwas besonderem. Und im Quran wird man immer wieder dazu aufgerufen, seinen Verstand zu nutzen und nachzudenken. Somit war ich am Ende sehr froh, dass mir nicht "nur" eine Geschichte präsentiert wurde. Ich habe in dem Seminar jedoch vermutlich mehr über den Umgang mit dem Quran gelernt als letztendlich über Adam. Das stimmte mich jedoch nicht traurig – im Gegenteil.
Als ich am Sonntag wieder Zuhause ankam, hatte mich der Alltag leider wieder schnell eingefangen. Ich vermisste das herzergreifende Gefühl der Ummah und war mir sicher, dass ich nicht das letzte Mal im HDI war, insha Allah. Danke für dieses tolle Wochenende. Möge Allah euch dafür reich beschenken!